Das Kollektiv Herzogstrasse – historisch und nach wie vor aktuell

Die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern in Kollektiven ist heute aktueller denn je, weil sie Modelle demokratischer Zusammenarbeit präsentieren, verbunden mit heftigen Diskussionen und gleichzeitig mit Respekt und Empathie für alle Beteiligten. Das geht weit über künstlerische Aktivitäten hinaus und gewinnt gesellschaftliche Relevanz. Es kann Alternativen aufzeigen für ein friedliches und konstruktives Miteinander in einer Gesellschaft, die zunehmend durch Polarisierung und anti-demokratische Kräfte gefährdet ist. 

Das 1975 gegründete Kollektiv Herzogstraße nimmt hier eine Vorreiterrolle ein, anknüpfend an eine lange Tradition von Künstlergruppen, insbesondere CoBrA, SPUR, Wir und Geflecht. Bis 1982 besteht es als offene Gruppe mit bis zu 12 Mitgliedern, es wird fortgeführt in kleineren Gruppierungen wie den Bildseglern Armin Saub und Heinz Weld. 

Armin Saub sagt dazu: „Und irgendwie interessiert mich das Phänomen des Zusammenarbeitens bis heute, auch wenn es oft fürchterlich enervierend ist – im positiven Sinne.“ Es ist für ihn „Urlaub vom Ich“. [Zitat Kat. Ausstellung van de Loo Projekte 2012, S. 15]

Die historische Bedeutung des Kollektiv Herzogstraße und seine Aktualität zeigen sich in einer Reihe von Ausstellungen und Publikationen des letzten Jahrzehnts, im Folgenden aufgelistet von 2012 bis 2022.


Der Zusammenschluss mit Künstlern, die ähnliche Vorstellungen verfolgen, führt zur Gründung des Malkollektivs Herzogstraße, das von 1975 bis 1982 als offene Gruppe mit bis zu 12 Mitgliedern besteht. Die Gruppe reagiert auf die 1968 proklamierte angebliche Unmöglichkeit weiterhin zu malen. Sie sieht sich in der Tradition von Künstlergruppen wie COBRA, SPUR, Wir und Geflecht. Die für diese Künstlergruppen wichtige Verbindung mit dem Bauhaus Situationiste in Drakabygget (Schweden) wird wieder belebt. Man studiert nicht nur die figurativ gestische Malerei von Asger Jorn, sondern auch den Abstrakten Expressionismus und das Informel, besonders die Arbeiten Emilio Vedovas, und dann vor allem die alte Kunst, von der venezianischen Malerei des Cinquecento bis zum bayerischen Barock. Arbeitsaufenthalte in Drakabygget bei Jörgen Nash und Liz Zwick und gemeinsames Arbeiten im Münchner Gruppenatelier  sind immer mit der Suche nach interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Musikern, Dichtern, Handwerkern u.a. verbunden, in einer bewusst heterogenen gesellschaftlichen Zusammensetzung. Beim gemeinsamen Bildermalen soll, ähnlich wie im Free Jazz, ein Thema immer wieder erweitert und improvisierend aufgegriffen und abgewandelt werden, um mehr Leben einzufangen. 

 

Die gemeinsamen Malaktionen führen zu einem Prozess, den einige Gruppenmitglieder auf unterschiedliche Weise schon in ihren individuellen Arbeiten vorgebildet haben: aus dem zweidimensionalen Bild hinaus in den Raum hinein, unter Verwendung von Materialien wie Holz, Folie, Pappe etc., entstehen temporäre raumgreifende Gebilde, eine "begehbare Malerei". Bildraumwucherungen wie "Rhizom, Farbe im Souterrain" soll die Unverwüstlichkeit der Malerei bezeugen. 

 

Die Künstler des Kollektiv Herzogstrasse

 

Das Kollektiv Herzogstrasse, 1975 als offene und interdisziplinäre Gruppe mit älteren und jüngeren Künstlern und Künstlerinnen gegründet, bestand im Kern aus 12 Mitgliedern. Einige kannten sich schon aus der Zeit an der Münchner Akademie und durch die Beteiligung an den Studentenrevolten.

 

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Bildraumobjekte

 

Ab 1979, mit dem zunehmenden Interesse am mehrdimensionalen Raum, begannen einige Künstler des Kollektiv Herzogstrasse die Kollektivmalerei in ihren Schichtungen auseinanderzunehmen und in den realen Raum hineinzuführen: In diesem Prozess von Dekonstruktion und Konstruktion entwickelten sie dreidimensionale "Bildraumobjekte" aus Sperrmüllfunden.

 

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Malerei

 

Ein zentrales Anliegen des Kollektiv Herzogstrasse war das Malen in der Gruppe, im Atelier des Kollektivs in München, zunächst in der Herzogstrasse und später in der Barerstraße, und bei gemeinsamen Arbeitsaufenthalten am "Bauhaus Situationiste" in Drakabygget (Schweden), auf Einladung von Asger Jorns Bruder Jorgen Nash und seiner Frau Lis Zwick.

 

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Begehbare Malerei

 

Der Titel der Installation 'Begehbare Malerei' deutet darauf hin, dass die Besucher in die Malerei und ihre Schichtungen hineingehen können, um mitten im 'Bauch der Malerei' den Malprozess aus unterschiedlichsten Perspektiven in seinen zeitlichen und räumlichen Dimensionen und Vernetzungen selbst zu erfahren. 

 

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Rhizom

 

Die Bildraumobjekte, an denen einige Künstler ab 1979 gearbeitet hatten, sollten mit der Malerei zu einem Gesamtraum zusammengeführt werden, mit Farb-Formkomplexen, die sich aus verschiedenen Aggregatszuständen in immer neue Formationen hinein konkretisieren.

 

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